DS – Ein Ausflug ins Gorki-Theater

von Nora Ruppelt, Q4

Wie lässt sich ein so emotional aufgeheiztes  Thema , wie die Flucht vor dem Nahostkonflikt in einem Theaterstück behandeln? Ein Thema so komplex und vielschichtig, dass die politische Lage in Israel auf Hebräisch und Arabisch einfach als „The Situation“ bezeichnet wird? Genau damit beschäftigt sich die Regisseurin Yael Ronen in dem gleichnamigen Stück am Gorki Theater. Gemeinsam mit sechs Schauspielern, die alle gemeinsam haben, dass sie aus dem Nahen Osten in den letzten Jahren nach Berlin gekommen sind, entwickelte sie ein Stück, das sich an schwierige Themen, wie politische und kulturelle Konflikte, Fremdheit, Integration und Rassismus herantraut. 

Im Rahmen des DS-Unterrichts in Q4 bei Frau Martens, nahm der Kurs an einem Workshop zu dem Stück teil und schaute sich anschließend am 15.01.23 die Vorstellung dazu an. Der Workshop diente dazu, den Schülern das Stück näher zu bringen und die politischen und geografischen Hintergründe der Figuren zu erklären. Neben vielen spielpraktischen Übungen blieb auch viel Zeit für Gespräche über beispielsweise Ausgrenzung und Integration. Selbst das Warm-Up – zwei verschiedenen Variationen des Spiels „Reise nach Jerusalem“- führte zu einer Diskussion über gemeinsames Scheitern und Gelingen. 

Eine andere Aufgabe bestand darin, sich durch kurze Dialoge und Wortfetzen aus dem Stück mit den Charakteren und den Dynamiken zwischen den Personen vertraut zu machen. 

Der Workshop war nicht nur sehr hilfreich für das Verständnis des Stücks, sondern auch eine gute Möglichkeit, die Gemeinschaft innerhalb des Kurses zu stärken. Als wir die Figuren eine Woche später live auf der Bühne erblickten, war es wie alte Bekannte wiederzusehen.

Das Stück findet in einem Deutschkurs statt, in dem der Deutschlehrer Stefan versucht die Sprache zu unterrichten und dabei möglichst politisch korrekt zu bleiben. Das stellt sich aber als schwierig heraus, da eine scheinbar einfache Frage, wie „Wer bist du?“, in einer hitzigen Diskussion über Identität enden kann. Weil die persönlichen Beziehungen zwischen den Figuren auch durch die politischen Verhältnisse beeinflusst werden, wie bei dem israelisch-palästinensischen Ehepaar Noa und Amir, sind Konflikte quasi vorprogrammiert. Mit den anderen Figuren, wie der aus Syrien geflüchtete Hamoudi oder die palästinensischen Sänger Laila und Karim zeigen sie, durch ihre verschiedenen Perspektiven und Fluchterfahrungen, die Vielschichtigkeit des Themas. Einige haben Berlin ins Herz geschlossen, während andere es kaum erwarten können zurück in ihre Heimat zu kehren. Da das Stück von den Schauspielern selbst entwickelt wurde und die Schauspieler teilweise  sich selbst spielen, war das Stück sehr persönlich und berührend. 

Die Reaktionen auf das Stück waren in unserem DS-Kurs gemischt. Zwar war das Theaterstück ein guter Einstieg in das Thema und jeder hatte das Gefühl danach mehr über „The Situation“ zu wissen, jedoch blieb die Entwicklung der Figuren häufig nur oberflächlich. Durch den monologischen Aufbau des Stücks fehlte an einigen Stellen die Interaktion und die Dynamik zwischen den Figuren. Trotzdem war die Vorstellung unterhaltsam und trotz des ernsten Themas humorvoll. Deutlich wird vor allem: Einfach ist es mit „The Situation“ nicht!