AG Hebräischer Sprachkurs

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Der große Zusammenhang – Die Wurzeln Europas
Das moderne Europa ruht auf einem Fundament mit drei Wurzeln: Die römische Welt, die uns das unterschiedslos für jeden geltende Recht gegeben hat, die griechische Welt, aus der alle Formen des Denkens und des schönen Geistes, der Philosophie, der Wissenschaft und der Kunst hervorgegangen sind, und die jüdisch-christliche Welt, die den Wert des Einzelnen gegenüber der Gesellschaft betont. Die Grundlage für diese dritte Wurzel bilden die Schriften des Alten und des Neuen Testaments – neben der noch sehr viel umfangreicheren nicht-kanonischen Literatur in lateinischer, griechischer … und hebräischer Sprache.
„Sprache ist materialisiertes Denken.“, hat ein berühmter deutscher Philosoph gesagt. Wer sich also dieser drei geistigen Traditionen versichern will, wird den Weg über die Sprache gehen.

Die drei Alten Sprachen
Am Arndt-Gymnasium besteht nun die in Berlin fast einzigartige Möglichkeit alle drei Alte Sprachen zu erlernen und die zugehörigen staatlichen Prüfungen abzulegen, das Latinum, das Graecum und das Hebraicum. Das Latinum und das Graecum besteht man mit erfolgreichem Abschluss der 10. Klasse (Latinum) bzw. mit dem Abitur (Graecum) . Für das Hebraicum ist eine Anmeldung beim Landesprüfungsamt erforderlich, die von der Schule organisiert wird. Die Prüfung selbst ist eine Zusatzprüfung zum Abitur und besteht aus einer Übersetzungsklausur und einem mündlichen Teil.
Neben den bekannten immateriellen Vorteilen, die die Beschäftigung mit den Alten Sprachen mit sich bringt, werden die Fremdsprachenzertifikate auch bei der Bewerbung auf Studienfächer mit strengem NC berücksichtigt.
Das Hebräische – und ebenso die beiden anderen Alten Sprachen – ist aber nicht nur Ziel einer Prüfung und Schlüssel zu den Traditionen und geistigen Schätzen des modernen Europa, sondern auch Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit anderen semitischen Sprachen (z.B. Arabisch, Äthiopisch, mit der Orientalistik) ja der ganzen Welt des Alten und Neuen Orients.

Aus diesen drei Wurzeln hat sich in einem langen Prozess das Selbstverständnis der Europäer herausgebildet, die Vorstellung nämlich, dass jeder Mensch eine unveräußerliche Würde besitzt, die durch das öffentliche Recht auch praktisch geschützt ist, und dass jeder seine individuellen Möglichkeiten durch Bildung zu reicher Entfaltung bringen soll. Toleranz, Recht und Bildung sind also untrennbar mit den Alten Sprachen verbunden.

Die hebräische Sprache und Schrift
בָּרָא אֱלֺהִם אֵת הַשָּמַיִם וְאֵת הָאָרֶץ׃ בְּרֵאשִׁית
Ha’aräz / W’et / Haschamajim / Et / Elohim / bara / Bereschit
Das ist der erste Satz der Genesis auf Hebräisch. Er muss Wort für Wort von rechts nach links gelesen werden; unter jedem hebräischen Wort steht die Umschrift.

Der erste Kontakt mit dem Hebräischen gleicht mehr einem Kalligraphie-Kurs. Ungewohnt und exotisch muten die Quadratbuchstaben an und besonders gewöhnungsbedürftig für Europäer ist die Schreibung von rechts nach links. Überhaupt werden eigentlich nur Konsonanten geschrieben, gerade so als würden wir schreiben: Dr Mnn lft dm Hnd hntrhr. (= Der Mann läuft dem Hund hinterher.) Allerdings werden die Vokale als Punkte und Striche unter bzw. über die Konsonanten gesetzt, z.B.:

von rechts nach links יִשְׂרָאֵל יְרוּשָׁלַיִם עַיִן שְׁלֹםׂה יוֹסֵף
= von links nach rechts Ji-s-ra-e’-l, Je-r-u-scha-la-ji-m, A’-ji-n, Sche-lo-mo-h, Jo-se-ph
auf Deutsch Israel Jerusalem Auge Salomoh Joseph

Dass jeder Buchstabe ursprünglich eine eigene Bedeutung hatte, drückt sich noch in den Namen der Zeichen aus:
א ב ג ע
Aleph Beth Gimel Ajin
Rind Haus Kamel Auge

Hat man sich einmal an die Schrift gewöhnt, wird neben dem Wortschatz Schritt für Schritt die Formenlehre aufgebaut. Während es beim Substantiv nur 2 Genera (masculinum und femininum), 2 Numeri (Singular und Plural) und 2 Casus (neben dem „Nominativ“ eine Art Genitiv, der Constructus genannt wird), hält das hebräische Verb einige Überraschungen bereit. Zunächst gibt es in der 2. und 3. Person zwei Geschlechter.

Singular Plural
1. קָטַלְתִּי qa-ta-l-thi 1. קָטַלְנוּ qa-ta-l-n-u
2. fem. קָטַלְתְּ qa-ta-l-th 2. fem. קְטַלְתֶּן qe-ta-l-thä-n
2. masc. קָטַלְתָּ qa-ta-l-tha 2. masc. קְטַלְתֶּם qe-ta-l-thä-m
3. fem. קָטְלָה qa-te-la-h
3. masc. קָטַל qa-ta-l 3. קָטְלוּ qa-te-l-u

Es gibt zwar nur zwei Tempora (Perfekt und Imperfekt), dafür aber mehrere Stämme, die zum Teil das Genus verbi (aktiv und passiv) zum Teil bestimmte Aktionsarten ausdrücken. Davon gibt es auch im Deutschen noch Reste. Wir können zu jedem Verb ein so genanntes Causativum (Urheberform) bilden, indem wir „lassen“ ergänzen, z.B. trinken und trinken lassen, sitzen und sitzen lassen, springen und springen lassen. Bei diesen drei und einigen anderen Verben können wir das Causativum aber auch direkt vom Stamm bilden: trinken und tränken, sitzen und setzen, springen und sprengen.

Sprachgeschichtliche Spurenlese
Nach dieser ersten Lektion folgen noch ein paar auflockernde Erläuterungen zur Herkunft ausgewählter Wörter:
– Jerusalem, hebr. Jeruscholajim, von schalom = Frieden, wird zur Zeit Abrahams erstmals als Salem erwähnt. Im Aramäischen, der Sprache Jesu, hieß der Ort Uru Shalim = Stadt des Friedens. Seitdem hat Jerusalem viele Namen gehabt. Die Griechen nannten die Stadt Hierosolyma = Heilige Festung, die Römer Aelia Capitolina. Für die Araber ist sie El-Kuds = das Heiligtum.
– Gehenna, hebr. Ge hinnom = Tal des Hinnom, lautet der Name eines Tals südlich von Jerusalem, das eine alte kanaanäische Kultstätte des grausamen Gottes Moloch beherbergte. Da es in spätjüdischer Zeit als Müllverbrennung diente, wurde das Tal im Neuen Testament zum Synonym für die Hölle.
– Megiddo in Galiläa bildet seit ältester Zeit einen strategischen Brennpunkt in der wechselvollen Geschichte Palästinas. Hebräer, Kanaaniter, Ägypter, Römer, Kreuzfahrer und Türken haben unzählige Schlachten um den Besitz der Stadt geführt. Und in der Johannes-Offenbarung wird der Ort des letzten großen Kampfes am Jüngsten Tag als Harmageddon bezeichnet, was im hebräischen nichts anderes bedeutet als har megiddon = Berg von Megiddo.
– Spanien hat seinen Namen von den ersten Kolonisten erhalten, die zwar nicht hebräisch aber auch einen semitischen Dialekt sprachen, nämlich phönizisch. Weil sie an der Küste zahllose Hasen sahen, die sie allerdings mit ihren heimischen Klippschliefern verwechselten, nannten sie den Ort Schephanim = Schliefer(küste), was später zu Spanien abgewandelt wurde.
– Baalbek, heute ein Ruinenfeld am Fuße des Antilibanon, war eine alte Kultstätte des phönizischen Schöpfer- und Sonnengottes (daher im Griechischen Heliopolis = Sonnenstadt), den die heidnischen Westsemiten ba’al = Herr nannten. Davon abgeleitet sind auch die phönizischen Eigennamen Hannibal = geliebt von Baal, also Gottlieb, und Isabel = Frau des Baal, hebr. Ischa = Frau, sowie die Teufelsbezeichnung Beelzebub = Herr der Fliegen, mit der man in Israel die heidnische Gottesanrede Baal Zebul = erhabener Herr verhöhnte.
Und zur Ergänzung noch ein paar hebräische Eigennamen:
Jesus, hebr. Jehoschuah, bedeutet „Hilfe“.
Johannes, hebr. Jochanan, bedeutet „Gott ist gnädig“.
Michael, bedeutet „Wer ist Gott?“

Der Sprachkurs
Am Arndt-Gymnasium wird seit 2013 die Möglichkeit angeboten, das klassische Hebräisch in einem Sprachkurs zu erlernen und eine staatliche Sprachprüfung, das Hebraicum, in Form einer Ergänzungsprüfung zum Abitur abzulegen genau wie das Latinum und Graecum.
Die Grundlage des Spracherwerbs bildet ein alter Klassiker, das Hebräische Schulbuch von Hollenberg-Budde. Der Kurs trifft sich zweimal wöchentlich und steht allen Klassenstufen offen. Erfahrungsgemäß ist die Bereitschaft auch zu Hause kleine Übungen zu absolvieren und regelmäßig Vokabeln zu lernen unabdingbar, um langfristig Freude an der hebräischen Sprache zu haben und letztlich als Frucht langjähriger Bemühung auch das Hebraicum zu bestehen.
Die Beschäftigung mit dem Hebräischen wird vor allem diejenigen begeistern, die Freude an sprachlichem Formenreichtum und Lust am Enträtseln alter Schriften haben.