In Stein gemeißelt? Wohl kaum! Die für abgeschlossen geglaubte Vergangenheit Deutschlands entpuppt sich als eine Achterbahnfahrt voll von (un-)glücklichen Zufällen, unerwarteten Erfolgen, unvorhersehbaren Niederlagen und unergründeten Möglichkeiten.
Am 5. Juli 2023 ließ sich die Klasse 9g, die mittlerweile zur 10g geworden ist, in die Ausstellung „Roads Not Taken, Oder: Es hätte auch anders kommen können“ im Deutschen Historischen Museum (DHM), Unter den Linden entführen. Die Ausstellung bietet einen Einblick in 14 historische Zäsuren der deutschen Geschichte, jeweils aus zwei verschiedenen Perspektiven: dem Wirklichkeitsraum und dem Möglichkeitsraum. Die Wirklichkeit, wie wir sie kennen, zweigt in eine Möglichkeit ab und zeigt den Besucher*innen eine alternative Ausgangssituation des jeweiligen historischen Zäsur-Ereignisses. Dabei geht die Ausstellung nicht chronologisch vor: Sie beginnt im Jahr 1989, beim Mauerfall, und endet bei der Märzrevolution 1848. Durch ihre neuen Elemente, wie die interaktive Nukemap oder das Tastmodell von Felix Nussbaums „Selbstporträt im Versteck“, erweist sie sich als topmodern. Obwohl die Ausstellung die Besucher*innen mit historischen Alternativen konfrontiert, geht sie dabei nie zu tief ins Spekulative. Sie zeigt lediglich die Unberechenbarkeit der Momente und verliert sich nicht in Details.
Unsere Klasse wurde in zwei Gruppen eingeteilt und erhielt jeweils einen Guide, der uns während des Rundgangs aufklärte, besondere Ausstellungsstücke erläuterte und interessante Diskussionen mit uns führte. So erfuhren wir z. B., dass die friedlichen Proteste kurz vor dem Mauerfall auch ganz anders hätten ausgehen können: Die Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking im Juni 1989 waren von der chinesischen Regierung blutig niedergeschlagen worden, was von den Staatsmännern der DDR natürlich beobachtet wurde. Somit war eine ähnliche Reaktion der DDR nicht auszuschließen, eine Eskalation war damals zum Greifen nahe. Und dennoch nahm die Geschichte ihren bekannten Lauf. Nicht nur für die „angehenden Historiker*innen“ unter uns war der Aufenthalt ein Vergnügen. Die vielfältigen Ausstellungsstücke und hilfreichen Erläuterungen der Guides weckten in uns allen das Interesse, sich intensiver mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Die Ausstellung „Roads Not Taken, Oder: Es hätte auch anders kommen können“ kann ich Lehrer*innen, die sich einen erinnernswerten Schulausflug wünschen, nur empfehlen!
Karolina Hecht, 10g